Aufgrund vermehrter Anfragen, hatte sich die Karate-Abteilung der Turngemeinde Schweinfurt im Frühjahr diesen Jahres dazu entschlossen, zum ersten Mal einen Selbstverteidigungskurs, speziell zugeschnitten für Frauen und Mädchen, anzubieten. So fanden sich im April auch elf interessierte Frauen und junge Mädchen zu den insgesamt drei Kurseinheiten in der Turngemeinde ein. Das Training leiteten die beiden zertifizierten B-Trainer Martin Schleyer und Thomas Zatloukal.
Das erklärte Ziel war es, anders als bei vielen Selbstverteidigungskursen, neben der eigentlichen, körperlichen Wehrhaftigkeit, auch einen deutlichen Schwerpunkt auf Prävention und Deeskalation zu richten. „In vielen Kursen geht in erster Linie nur um Techniken mit Hilfe derer man sich in einem Konflikt zur Wehr setzen kann. Wie ich es aber vermeide in so eine Situation zu gelangen oder wie ich diese rechtzeitig erkenne und Gegenmaßnahmen einleite, noch bevor es zu einer körperlichen Eskalation kommt, wird leider oft zu kurz oder gar nicht behandelt“, so Thomas Zatloukal zu den Hintergründen dieser Entscheidung.
Die Teilnehmerinnen lernten während Kurses, wie sie frühzeitig Situationen erkennen, die für sie gefährlich werden und wie sie diese von vornherein vermeiden können. In einem weiteren Schritt lernten sie, wie sie verbal und nonverbal reagieren sollten um eine Situation zu entschärfen und auch, wie sie sich zur Not mit Körpereinsatz wirksam selbst verteidigen.
„Die wichtigste Selbstverteidigungstechnik ist ‚Gefahren vermeiden‘ und ‚Grenzen setzen‘ – so Gewaltschutztrainer Martin Schleyer. „Wichtig ist dabei die Überwindung der Hemmung, aktiv Gegenwehr zu leisten. Das Training hat den positiven Nebeneffekt, dass es das Selbstbewusstsein der Mädchen stärkt indem sie sich überwinden eigene Grenzen zu überschreiten und dadurch wachsen. Sie erfahren, dass sie auch in beängstigenden Momenten durch aktives Verhalten die Kontrolle über die Situation behalten können - da wollen wir hin.“
Neben einer ordentlichen Portion Theorie, Psychologie und Rollenspielen, kam aber auch der Körpereinsatz der Beteiligten nicht zu kurz. Es wurden Abwehr, Schlag- und Tritttechniken ebenso vermittelt, wie Befreiungen gegen diverse Greif- und Annäherungsversuche. „Alle Techniken die wir im Kurs vermitteln sind klassische Karate-Techniken und wurden von uns so ausgewählt, dass sie auf bereits bekannte Bewegungsmuster aufsetzen und so schnell erlernt werden können“, so Martin Schleyer. Dabei kam auch das allgemeine Thema Karate und Wehrfähigkeit auf.
Dazu haben die beiden Trainer eine einhellige Meinung: „Wir hören oft pauschale Aussagen, dass man sich mit Karate nicht verteidigen könne, weil Karate nur ein Sport sei. Dies ist schlichtweg falsch. Die Selbstverteidigung ist das Kernelement des Karate – dafür wurde es ursprünglich geschaffen“, erklärt Thomas Zatloukal.
„Heute sind natürlich viele sportliche Aspekte hinzukommen und viele Menschen trainieren Karate aus anderen Gründen als zur reinen Selbstverteidigung, wie zum Beispiel für den sportlichen Wettkampf, zum Ausgleich oder aus rein gesundheitlichen Gründen. Nichtsdestotrotz stammen viele Techniken aus anderen Kampfkünste, wie zum Beispiel das, wenn es um die Selbstverteidigung geht, oft genannte Krav Maga, ursprünglich aus den asiatischen Kampfkünsten. An diesem Beispiel kann man sehr gut sehen, dass es in erster Linie nicht darum geht, was man trainiert, sondern wie man dies tut“, ergänzt Martin Schleyer die Aussage von Zatloukal.
Am Ende des Kurses gab es ein positives Feedback von beiden Seiten – Teilnehmern und Trainern. „Die Mädels haben super mitgemacht und eine Menge gelernt, das wird sicher nicht der letzte Kurs gewesen sein, den wir anbieten. Weitere Anfragen liegen schon vor“, so das Resümee der beiden Karate-Trainer. Das konnte auch Abteilungsleiter Karl Heine so bestätigen.
